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Der Biergrantler unterwegs

Fränkisches Bierfest 2016

Donnerstag, Fronleichnam waren wir dann heuer erstmals auf dem Bierfest. Bei strahlendem Sonnenschein ist das keine gute Idee, da hinzugehen, es sei denn, man mag die Menschenmengen, den Lärm, die ständige Platz Suche und das im Stehen trinken. All das kann man sich am letzten Tag, dem Sonntag sparen.

Bratwurstgeruch steigt in die Nase, Musikfetzen dringen ans Ohr, ein paar verirrte Lederhosen-Dirndl-Disneyland-Menschen kommen uns entgegen. Aber Gott sei Dank wirken die ein bisschen verloren hier. An der Mauer stehen humorlose Ordnungskräfte, ein Luftballonverkäufer schleppt sich müde an uns vorbei.

Aber zur Sache. Das erste Bier:

Hembacher, Kellerbier hell: Hellgelb, trüb, stabiler Schaum, schlanker Körper, Mitte etwas fruchtig, herber Abgang, noch recht jung, gutes Bier.

Pale Ale: Bernsteinfarben, trüb, haltbarer Schaum, die üblichen C-Hopfen Aromen, Citrus, Grapefruit und dergleichen, ordentlich hopfig, herber Abgang, bassd!

Hofmannstropfen dunkel: gut wie immer, vor allem, wenn man nach all dem Craftbeer wieder runterkommen will.

Eine Auswahl: Mahrsbräu helles Kellerbier, Mager Dunkel, Brauerei Alt Dunkel, Rittmayer Bitter, Wiethaler Maibock: 6,4% Alk. Vol., hellgelb, klar, ein wenig Schaum hält sich, malziger Antrunk, sanft hopfiger Abgang. Viel Körper, bräuchte etwas mehr Hopfen.

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500 Jahre Reinheitsgebot (RHG) macht natürlich auch vor dem Bierfest im Burggraben nicht halt und das obwohl Franken und insbesondere Nürnberg bis 1806 mit dem RHG nichts zu tun gehabt haben.

Jedenfalls hat man heuer aus dem oben genannten Anlass ein „Minne-Seidla“ im Ausschank, was auch immer das sein mag.

Am Ausschank: „dess machd dann 11,20!“, „Wie weinen?“, Da sann 8,- € Pfand drauf. So gesehen ist das sogar noch günstig auf dem Bierfest. An den anderen Ständen kostet das Seidl jetzt schon 4,- €.

Zutaten: Hafer, Gerste, Weizen, Dinkel, Roggen, Emmer, Einkorn, Sorghum, Hopfen, obergärige Hefe, Wasser.  3,8% Alk.Vol.

Der Beschreibung des offiziellen Begleitheftes des Bierfestes entnehmen wir: „dem heutigen Reinheitsgebot entspricht das Minne-Seidla übrigens trotzdem“.

 

Minne4

 

Bernsteinfarben, anfangs guter Schaum, rauchig, säuerlicher Antrunk, fruchtige Mitte, malzig, fruchtiger Abgang. Sehr süffig! Als „Erdungsbier“ zwischen den Craftbeeren bestens geeignet!

Gutes Bier, aber irgendwie nicht historisch. Egal wie man das dreht und wendet, irgendwas stimmt immer nicht.

Erstmal war das Bier zu dieser Zeit ausgehend von Nürnberg in Teilen von Franken  und der Oberpfalz  schon untergärig,  (nach dem Vorläufigen Biergesetz von 1993 und nur das gilt, darf in untergäriges Bier nur Gerstenmalz, keine anderen Malzsorten.

Man mochte keinen minderwertigen Hafer im Bier (Schultheiß, Nürnberger Stadtarchiv: „Zusammenfassend ist zu sagen, daß in Nürnberg nie geringes Bier, wie z.B. aus Hafer, gebraut wurde….) und Weizen wurde vor allem für die Brotherstellung gebraucht, Sorghum kommt zum Bier brauen vor allem in Afrika zum Einsatz, oder bei uns für glutenfreies Bier.

Die Minne war 1516 längst vorbei, Wolfram von Eschenbach (* um 1160/80; † um/nach 1220) und Walther von der Vogelweide (* um 1170 Geburtsort unbekannt; † um 1230) schon lange mausetot.

Kommen wir zum Craftbeerstand. Neu ist, dass es keine kostenlosen Proben mehr gibt. Man bezahlt jetzt 1,- € pro 0,1l Fingerhütchen. Das ist gut so, weil dann wirklich interessierte Leute schneller an den begehrten Stoff kommen und die Freibiernasen wo Anders hingehen.

Am Sonntag waren wir dann endlich beim  Craftbeer. Den Start machte der „Hopfentiger“ von Veto:

VetoTiger

7,5 % Alk. Vol., 17,8 P Stammwürze,  IBU 55

Goldgelb, klar, haltbarer Schaum, durchtrainierter Körper, malzig fruchtige Mitte, schon hier meldet sich der Hopfen um in ein Finale furioso überzugehen. Sehr herb, langer Nachhall. Kaum zu glauben dass da nur 55 IBU unterwegs sind.

Nase: wunderbare Zitrus und Grapefruit Aromen.

Runde Sache für Hopheads bestens geeignet.

 

Ebenfalls von Veto, Schokobär:

Alk. Vol.: 7 % vol. Stammwürze: 16,9 P, EBC: 138

Recht schlanker Körper, sofort Kaffee und Schokoaromen, Rosinen, allerhand Trockenfrüchte im Mittelteil, im Abgang säuerliche Röstmalzbittere. Bassd!

Hertl: Wein-Bier-Hybried, Schlank, säuerlich, in der Nase etwas blümerant, Parfum, ein Hauch Schwefel, säuerliche Mitte, im Abgang etwas zu herb. Dennoch sehr interessant. Sowas muss ich auch mal brauen!

Motoröl: Kastanie, fast schwarz, Schaum nicht so toll, mächtiger Körper Stout Aromen, säuerlicher malzherber Abgang. In der Nase überwiegt Diacetyl. Runde Sache!

Quitten Gose: angenehm säuerlicher Geruch, hellgelb, sehr klar, knochentrockener Antrunk, fruchtig säuerliche Mitte, sauerer Abgang. Gutes Bier, aber für Gose zu harmlos.

 

Mein Highlight:

Craftbeer ist mit der diesjährigen Gastbrauerei endgültig im Bierfest angekommen: Raven, kommt aus Pilsen. Der Australier Filip Miller gründete im letzten Jahr seine Brauerei. Mit dabei sind Luboš Svobodavon der Pivovar Bizon und der Ami Chris Baerwaldt von der Pivovar Zhůřák.

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Raven

 

Wir haben das Saison, im Bild rechts und und das White IPA getestet.

Saison: Bernstein, recht klar unbesiegbarer Schaum. Sehr schlanker Antrunk, dann doch etwas Körper, fruchtig säuerliche Mitte und recht herber Abgang. In der Nase typische Saisonhefe, hätte mal wieder auf die Belle Saison getippt, aber der Braumeister sagte uns, dass die Mangrove Jacks Saison im Einsatz war. Der Abgang ist mir etwas zu herb, aber das ist mal wieder Jammern auf sehr hohem Niveau.

White IPA: Goldgelb, trüb, sehr haltbarer Schaum, sehr schlank, fruchtige Weizenaromen, ab der Mitte gnadenlos herb. Sehr runde Sache, Ausgezeichnet!

 

Hopfen und Malz, das offizielle Magazin zum Bierfest war letztes Jahr bei jedem Ausschank vorhanden. Heuer habe ich am letzten Tag mühsam eines ergattert.

Am Infostand: Habt ihr heuer weniger Hefte? Wiss mer a ned, vielleicht nehmer ses zum dabbeziern oder fürs Klo mit. Ah, ja.

Die Informationspolitik wurde also schlechter dafür das Bier mit jetzt 4,- € teuerer. Wer die Brauereien noch nicht kennt findet hier ein optimales Betätigungsfeld. Ich werde künftig am Feiertag lieber zu irgendeinem Geheimtipp in die Fränkische fahren. Um bei den Neuerungen auf dem Laufenden zu bleiben genügt mir der Sonntag.

 

Kritik

 

 

Alle Verkostungsberichte sind wie immer zutiefst subjektiv.

 

Nürnberg, 31.05.2016

Prag 2

Tag 2

 

Mit einer fast abenteuerlichen Straßenbahnfahrt gelangten wir zu den Gärten hinter der Burg. Viele Menschen waren unterwegs, Touristen, Hochzeitspärchen, Touristen, schwer bewaffnete, völlig humorlose Soldaten (das Parlament ist nicht weit weg) Touristen…

 

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Durch den „Hradschin“ kommt man zur Mala Strana (Kleinseite), wenn nicht gerade wie bei uns Wachablösung ist. Da bilden sich dann Menschentrauben.

 

 

 

SchlossStiege

 

Weiter gehts über die Zamecke Schody (Schlossstiege) Bloß gut, dass wir die nicht hinauf mussten.

 

 

 

 

malastrana

 

 

Nach der Stiege empfiehlt es  sich den Touristenstrom etwas zu meiden, indem man die eine oder andere menschenleere Gasse nimmt.

 

 

 

 

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Mittagessen im U Glaubicu , das ist ein paar hundert Meter hinter der Karlsbrücke Richtung Mala Strana.

Rene , danke für den Tipp!

Erst mal Wasser. Wir waren völlig ausgetrocknet. Dem Schankkellner hat das gar nicht gefallen, aber wenn wir hier gleich Bier getrunken hätten, wäre der Tag gelaufen gewesen. Also erst mal Wasser, und gutes Essen. Kalbsbraten und Schweinebraten mit böhmischen Knödeln. Nach dem Essen habe ich dann doch noch ein 0,3 er Pilsener Urquell bestellt. Einfach Klasse, diese Ausgewogenheit zwischen Malzkörper und hopfigem Abgang. Wieder hat er die Nase gerümpft. Vielleicht ja zu Recht. Aber wir hatten an diesem Tag noch einiges vor.

U Fleku
Weiter gehts zu Fuß zum U Flecu. Wir waren in den 80er Jahren schon mal im U Flecu, an einem recht anstrengendem Abend. Das Bier war damals gar nicht mal so gut. Daran hat sich leider nichts geändert.

Notiz: Schon auf dem Weg kommen schwankende Gestalten auf uns zu. Eine Reisegruppe steht vor der Wirtschaft. Im Biergarten sind noch Plätze frei. Kellner bieten ganzeTablette, voll mit Schnaps, an den Tischen an. Ein Musiker mit Quetschn (Ziehharmonika) spielt unermüdlich tschechische Lieder.

Das Bier: recht trocken, Dunkles mit Lakritz. 0,4l und für Prag recht teuer.

Vermutlich nur betrunken zu ertragen, dieser Ort.

Nach einem Nachmittagsschläfchen im Hotel gingen wir auf Umwegen zum Pivovar Basta.

Der Kran unten war noch im Einsatz.

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Wie in den 80er Jahren, nur das Auto vor dem Haus lässt erkennen, das wir und im 21. Jahrhundert befinden.

 

 

 

 

 

MaxBasta

Das Basta, Brauerei und Wirtshaus vom Feinsten. Gemütliche Einrichtung, man legt Wert auf viel Holz.

Außer ein paar Amis und uns waren hier nur Tschechen. Die Speisekarte ist auf tschechisch, keine englische Übersetzung. Mit deutsch kommt man hier nicht weit. Gut, dass der Kellner englisch konnte.

Die Bedienungen und Kellner sind Profis. Die sehen von Weitem, wenn man was braucht und sind dabei immer freundlich. Solche Wirtschaften gab es bei uns früher auch einmal. Heute kenne ich in ganz Nürnberg nur noch eine mit nur annähernd gutem Service.

 

 

Basta1

 

Polotmava Lezat, dunkles vom Faß, Kastanienfarben, klar, Schaum hält nicht lange. Vollmundig, malzig, angehnehm gehopft. Sehr gut!

Dazu Wurstsalat mit milden Pepperonis und frischem warmen Brot. Köstlich.

 

 

 

Basta2

Mnichov 14°, kupferfarbenes Starkbier. Cremiger Schaum, gut haltbar, malziger vollmundiger Antrunk, etwas fruchtige Mitte und perfekt gehopfter Abgang. Wunderbar!

Dazu Obatzten (ja, das gibt es in Prag, allerdings mit Sardelle) und wieder dieses wunderbare Brot aus dem Ofen.

 

Basta3

 

Manchmal braucht es im Leben nicht viel zum Glück. Es gab auch noch belgisches Bier vom Faß. Zwar leicht untercarbonisiert, aber als Abschluß einfach perfekt.

Das war auf unserer Prag Reise die beste Brauereiwirtschaft . Das ist noch gute alte Wirthauskulter. Schön, dass es so etwas noch gibt!

 

 

ZlyCasy4

 

Letzte Runde, wieder im Zly Casy.

 

 

 

 

 

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Links: Kout 5 % Alc. Vol. ein gutes Pils, das ohne Butteraromen auskommt.

Rechts: Punk IPA (Brewdog) vom Faß.

 

 

 

 

Tag 3

BotGa1

 

Botanischer Garten. Ein Ort der Ruhe. Da hat es sogar mir gefallen.

 

 

 

 

 

BotGa

 

Besonders schön ist der japanische Garten.

Danach gings leider schon wieder Heim.

Was bleibt zu sagen? Wir haben 5 Brauereien geschafft und eine wunderbare Kneipe. Tschechien ist eine große Biernation. Prag, wir kommen wieder. Es gibt noch viel zu tun!

 

Prag 1

Prag 1

Letzte Augustwoche 2015, Hitzewelle. Wir saßen in einer Straßenbahn in Richtung Prager Altstadt. Bis hierher hatte meine Frau alles organisiert. Dann sollte ich meine Nase einsetzen. Das ist eine alte Tradition bei uns. Unvorbereitet in irgendeine Stadt fahren und auf gut Glück eine gute Wirtschaft suchen. (In Bayern ist das eigentlich einfach, man beginnt die Suche in der Nähe der Kirche)

Natürlich habe ich auf dem Handy auch eine Bierapp für Prag, die aber erst später zum Einsatz kommen sollte.

 

PivovarNarodny

 

Nase spielen lassen also. Beim Vorbeifahren sah ich ein Restaurant, rein äußerlich das bis dahin Einladendste. Also sind wir ausgestiegen. Schon an der Speisekarte sahen wir, dass das ein Volltreffer war.

 

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Eine Brauereiwirtschaft. Wunderbare Malzdüfte empfingen uns schon am Eingang. Um in den Biergarten zu gelangen, musste man an der Minibrauerei vorbei.  Offenbar hatte man gerade eingemaischt.

 

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Nach einem guten alkoholfreien Staropramen haben wir das hausgebraute 11° Pils im Glas. Notiz:

Sehr klar, goldgelb, fester Schaum. Butter schon beim ersten Schluck bemerkbar, hopfiger Abgang. Gutes Bier!

Das dunkle 13° haben wir auch noch getestet:

Kastanienbraun, recht klar. Cremiger Schaum. Angenehm schlanker Körper im Antrunk. Malzige Mitte aber nicht zu süß, sanfte Malz/Hopfenbittere im Abgang. Hier passt der Diacethyl (Butter) Geschmack besser.

Die Kellner sind Profis, die Schweinshaxe war gut, mit Krautsalat süßen und scharfen Senf, sowie Meerrettich.

Weiter ging es zur unvermeidlichen Karlsbrücke und darüber in die Mala Strana (Kleinseite). Hier schauten wir uns den Tipp eines Kollegen, das U Glaubicu an. Leider bekamen wir keinen Platz.

 

Dann kam die Bierapp zum Einsatz. Funktioniert ohne Internet mit GPS. Sie führte uns zur Kleinbrauerei Pratzskymost:

Es gibt 3 hausgebraute Biere, in 0,3 und 0,5l Gläsern. Zum probieren reichten uns die 0,3er.

Most svetle 12°, Pils, sehr gut gehopft, ungefiltert, guter Schaum.

Most tmave 13°, Dunkles, ungefiltert, recht trocken, trotzdem malzig, feiner Schaum.

Most rezane 12°, Mischung der Obigen, kommt fränkischem Lagerbier sehr nahe.

Alle kommen ohne Butteraromen aus.

Auf dem Weg zur Straßenbahn war dann noch die Kleinbrauerei       U Dobrenskych

Wunderbare Hopfendüfte empfingen uns. Man war gerade am Hopfenkochen. Was für ein Tag. Zwei Brauereien während des Brauens…

Zwei Biere waren im Ausschank. Notiz:

Das obligatorische svetle, ein naturtrübes Pils, leicht untercarbonisiert, recht fruchtig, war noch sehr jung, aber gut!

Das Andere ? ja , was war das eigentlich ? 14°

Wonach riecht das? Ananas, Mandarine oder doch nicht ganz? Schlanker Körper, fruchtige Mitte, herb im Abgang, Pale Ale ???

zur Bedienung: „what kind of beer is this?“

lächelnd: „it`s brewed with some kind of herbs.“

Und weg war sie, am nächsten Tisch.

Kräuter, na klar! Da kommt man ins Grübeln, ob man überhaupt noch etwas über Bier weiß, dabei würzen die einfach Kräuter in ihre Brühe.

Nach einem langen Tag, mit Anreise und immerhin drei Brauereitests landen wir schließlich in der Nähe unseres Hotels, im Zly Casy, was so viel wie schlechte Zeiten heißt. Gleichwohl hatten wir da eine gute Zeit.

 

ZlyCasy6

12 Biere vom Fass, davon sind 3 Pilsener, der Rest „Craftbeere“, etliche tschechische und  Brewdog,

Aus der Flasche Anchor, Brewdog, De Molen, Flying Dog, Mikkeller, usw, usw.

Wir wollten natürlich das tschechische Pivo vom Fass.

 

 

 

ZlyCasy2

 

Links im Bild das Permon Black IPA Sokolov, Czech Republic.

5,7  %  Alc. Vol. Für den Stil zu harmlos. Da braucht es von allem mehr. Mehr Alkohol, Mehr Körper, mehr IBUs.

Rechts im Bild, hell:

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Permon Hopper Cascade, 6,3% Alc. Vol.,  Sokolov, Czech Republic. Typisches Cascade IPA. Wunderbare Grapefruit und Ananas Aromen. Sehr gut!

 

Weiter geht es mit Prag 2.